NINO-Historie

Der Aufstieg des Textilunternehmens
Niehues & Dütting

Im Dezember 1897 gründen der Textilingenieur Bernhard Niehues (1868 -1950) und der Textilkaufmann Friedrich Dütting (1858 – 1925) die Textilfirma Niehues & Dütting (N&D). Mit 30 Webstühlen und 60 Mitarbeitern beginnt die Produktion von Schürzenstoffen, so genannten Waterschürzen, deren Herstellung Niehues während eines Volontariats bei Povel kennenlernte. Von Beginn an zeichnet sich N&D durch ein aggressives Marketing aus. Man entwickelt ein Markenzeichen, das unter der Überschrift Das Allerbeste vom Besten einen Globus mit dem Aufdruck Weltmarke N&D versieht. Im Verlauf der 1920er Jahre erreicht N&D mit seinen inzwischen 3.000 Beschäftigten eine Spitzenstellung in der deutschen Textilindustrie (Bild oben und rechts). Auf der Weltausstellung in Barcelona 1929 vertritt N&D die Textilindustrie im Deutschen Pavillon. Im Zweiten Weltkrieg bleiben die Fabrikanlagen von Zerstörungen verschont.

Der Aufstieg in die „Champions League“ der (west)europäischen Textilindustrie
Ab 1950 verkauft das Unternehmen seine Stoffe unter der Marke NINO (NIehues NOrdhorn). Millionenschwere Werbekampagnen lassen aus NINO-Flex-Stoffen hergestellte Mäntel, Anoraks und Windjacken zu einem Verkaufsschlager werden. Das Versprechen: NINO-Flex: Winddicht, wasserabweisend, atmungsaktiv. Mit 6.100 Beschäftigten erreicht die Firma 1955 ihren höchsten Beschäftigungsstand. Ab Juli 1959 firmiert Niehues & Dütting auch offiziell unter dem Namen NINO. Unternehmensleiter Bernhard Niehues Jr. resümiert 1960 (Bild rechts): „In den letzten 10 Jahren sind wir an die Leistungen der Amerikaner herangerückt. Bei NINO sind wir heute am Weltstandard angelangt“. NINO steigt in die „Champions League“ der (west)europäischen Textilindustrie auf.

Die 1963 nach Plänen des Nordhorner Architekten Werner Zobel fertig gestellte Neue NINO-Verwaltung ist nicht nur architektonischer Ausdruck der Spitzenstellung in der bundesdeutschen Textilindustrie, sondern auch herausragendes Zeugnis für eine an der sachlichen Moderne der 1960er Jahre orientierte Büroarchitektur. Die NINO-Verwaltung gilt als erste konsequente Verwirklichung eines Großraumbüros in Westeuropa (Bilder rechts).

Die 1960er Jahre werden für NINO und seine Beschäftigten zu einem glücklichen Jahrzehnt. Trotz hoher Modernisierungsinvestitionen werden durchgehend 5.600 bis 5.800 Mitarbeiter beschäftigt. Zwischen 1965 und 1969 erhöht sich der Umsatz von 242 Millionen auf 340 Millionen DM, die Stoffproduktion von 55 auf fast 80 Millionen Meter pro Jahr. Im Verbund mit Unternehmen wie VW, BMW, PanAm und der KLM gestartete Werbekampagnen für Bekleidung aus NINO-Stoffen sorgen für einen weiterhin hohen Bekanntheitsgrad der Stoffmarke NINO bei den Verbrauchern in ganz Westeuropa. Bis in die 1970er Jahre hinein entwerfen Modedesigner wie Heinz Oestergaard, Bessie Becker, Daniel Hechter und Karl Lagerfeld Modelle für Kleidung aus NINO-Stoffen.

NINO darf nicht sterben
Den durch die Energiekrise der Jahre 1973/74 ausgelösten Verfall der Textilkonjunktur übersteht NINO mit Hilfe drastischer Sanierungsmaßnahmen. Verlustträchtige Auslandsengagements werden beendet, die Mitarbeiterzahl bis 1980 auf 4.000 reduziert. 1984 geht das Unternehmen an die Börse. Eine Dividende erhalten die Anteilseigner allerdings nur zwei Jahre lang. Ab 1986 werden die Veränderungen im Welttextilmarkt schmerzhaft spürbar. Europäische Bekleidungshersteller verlagern ihre Produktion gen Fernost. In Südostasien entwickelt sich eine hochmoderne Textilindustrie mit europäischem Standard. Billigimporte von Stoffen und Kleidung überschwemmen die westeuropäischen Märkte.

Für kapitalaufwendige Großunternehmen wie NINO wird es immer schwerer gegen diese Konkurrenz zu bestehen. Unter dem Stichwort „Asiens Löhne – unser Unglück“ beklagen Textilhersteller wie NINO die sehr niedrigen Löhne, weit geringeren Sozialabgaben und Umweltstandards der ausländischen Konkurrenz. Der Fall des Eisernen Vorhangs 1989 beschleunigt die Textilkrise. 1993 sitzt NINO bei einem Umsatz von 320 Millionen auf einem Schuldenberg von 200 Millionen DM. Der Konkurs ist nicht mehr aufzuhalten.

„NINO darf nicht sterben“: Im Oktober 1994 protestieren einige hundert NINO-Werker mit einer Straßenblockade vergeblich gegen die drohende Schließung ihrer Fabrik. Zum 31.Dezember 1994 verlieren die verbliebenen 1.570 Beschäftigten ihre Arbeitsplätze. Die riesigen Fabriksäle leeren sich. In Nordhorn zerplatzt der Traum vom textilen Weltunternehmen NINO nicht in einem großen Knall, er zerbröckelt in einem schmerzhaften, jahrelangen Ausbluten.

Der letzte NINO-Weber im Dezember 1994